19 Jun Bar Guide Berlin
Was lange währt. Schon eine gefühlte Ewigkeit wollten wir zu Berlin einen Bar Guide machen. Nicht weil es unbedingt einen bräuchte, sondern weil wir endlich mal alle unsere Lieblingsplätze aus der Hauptstadt an einem Ort versammeln wollten. Das Ergebnis ist wie immer bei solchen Guides natürlich eine rein subjektive Sache. So wissen wir, dass der Westen der Stadt bei uns eher unterrepräsentiert ist. Allerdings gelingt es uns hoffentlich, unterhaltsam zu erklären, warum ausgerechnet diese Bar hier auftauchen musste. Für uns gehören neben der Geschichte einer Bar und ihrer Drinks vor allem die Menschen erwähnt, die eine Bar am Ende zu etwas Besonderem machen. Damit nun aber genug der Vorrede und rein ins Vergnügen!
At very long last — for what has felt like an eternity we wanted to do a Berlin bar guide. Not necessarily because there aren’t enough of those around already, but because we finally wanted to gather all our favorite places in one place. The result, as always with such guides, is of course an entirely subjective thing. So we know that the west of the city is rather underrepresented in our guide. However, we do hope to be able to explain our selection of venues in an entertaining fashion. For us, in addition to the history of a bar and its drinks, it is above all the people who make a bar special in the end and thus it is they who need to be mentioned. But enough with the preface and now let’s dive into it!
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Truffle Pig (Neukölln)
Neukölln war eines dieser Berliner Viertel, die man noch vor zehn Jahren ganz bestimmt nicht besuchte, wenn man einen guten Cocktail trinken wollte. Das ist heute ganz anders. Allein im Umkreis weniger Hundert Meter findet man hier gleich mehrere herausragende Bars, von denen das Truffle Pig nur die erste in unserem Bar Guide ist. Der Eingang ist zugegeben nicht ganz so leicht zu finden und doch versucht man nicht auf Biegen und Brechen das oft kopierte Konzept einer Speakeasy-Bar zu imitieren. Inzwischen gibt es sogar außen an der Eckkneipe Kauz & Kiebitz einen Hinweis auf das Truffle Pig, welches im Hinterzimmer des K&K seit dem Jahr 2017 ein Cocktail-Menü aus wechselnden Eigenkreationen und Klassikern anbietet. Betritt man die Kiezkneipe muss man eigentlich nur noch den Schweinespuren bis zu einem Spiegel folgen und dann den Knopf des Feuermelders drücken. Empfangen wird man dann von Barmanager Vito Nicotra oder seinem Kollegen Giacomo. Die italienischen Wurzeln der Truffle Pig-Crew spiegeln sich in Drinks wie dem „Lucky Luciano“, in dem Whiskey mit italienischen Bitter und Amaro (was sonst?) zusammenkommt. Der „Palo Rosato“ ist dagegen ein leichter High Ball aus Gin, Rosé-Wermut, Grapefruit und einem unverwechselbaren Palo-Santo-Aroma. Beide sind perfekt für den Einstieg in den Abend. Von der neuen Karte sollten sowohl Liebhaber als auch Hater des „Espresso Martini“ den von Vito kreierten „Sicilian Coffee“ probieren, für den er sogar seine alte Bialetti entstaubt hatte. Ein Besuch im Truffle Pig, dieser unglaublich gemütlichen Speakeasy-Bar, ist für uns jedes Mal wie die Reise in einen anderen Kosmos. Man bleibt in Berlin und ist an diesem Abend doch ganz woanders.
Neukölln was one of those Berlin neighborhoods that ten years ago you definitely wouldn’t consider for a good cocktail. Today, things are very different. Within a few hundred meters alone, you’ll find several outstanding bars here, of which Truffle Pig is just the first in our bar guide. Although its entrance is admittedly not that straightforward to find, they don’t attempt to imitate the frequently copied concept of a speakeasy. In the meantime, there is even a sign on the outside of the corner bar Kauz & Kiebitz indicating the Truffle Pig, which has been offering a cocktail menu of changing own creations and classics in the back room of the K&K since 2017. Upon entering the Kiezkneipe, all you really have to do is follow the pig tracks to a mirror and then press the button on the fire alarm. You are then welcomed by bar manager Vito Nicotra or his colleague Giacomo. The Italian roots of the Truffle Pig’s crew are reflected in drinks such as the „Lucky Luciano,“ which combines whiskey with Italian bitters and amaro (what else?). The „Palo Rosato,“ meanwhile, is a light highball of gin, rosé vermouth, grapefruit and a distinctive Palo Santo flavor. Both are perfect to start the evening. From the new menu, both lovers and haters of the „Espresso Martini“ should try the „Sicilian Coffee“ created by Vito, for which he had even dusted off his old bialetti. A visit to Truffle Pig, this incredibly cozy bar, is like a journey into another cosmos. You stay in Berlin and yet on this evening you are somewhere else entirely.
Wax On (Neukölln)
Bleiben wir noch etwas in Neukölln. Und irgendwie auch im Truffle Pig. Denn dort hat sich das Team des Wax On einst gefunden. Gemeint sind Barbesitzer Sam Orrock und sein „Partner-in-Crime“ Damien Guichard, der heute als Barmanager das in der lebendigen Weserstraße beheimatete Wax On leitet. Und obwohl dessen Eröffnung gar nicht mal so lange zurückliegt, so hat die ganz nach unserem Geschmack eingerichtete Bar doch schon für mächtig Buzz weit außerhalb Berlins gesorgt. Das liegt sicher auch an der guten Vernetzung von Sam und Damien, die regelmäßig zu Gastschichten in anderen Top-Bars eingeladen sind. Und zum anderen liegt das am entspannten Konzept des Wax On, das sowohl Cocktail-Liebhaber aus aller Welt als auch die Nachbarschaft im Kiez gleichermaßen anzieht. Hier trinken Locals neben Berlin-Besuchern und Cocktail-Neulinge kommen mit Mixology-Fans oder anderen Barleuten ins Gespräch – denn die gehen auch gerne an ihren freien Tagen ins Wax On. Besonders leicht fällt die Kontaktaufnahme an der Bar, die mit ihrer schlichten Betonoptik als Eyecatcher funktioniert. Aus Sicht eines Bartenders dürfte aber viel wichtiger sein, dass sich die Barstation auf der gleichen Höhe wie der Tresen befindet. Die maßgeblich von Damien entwickelte Barkarte greift Klassiker auf und interpretiert diese teilweise neu. Ein gutes Beispiel dafür ist der vegane „House Sour“, den man unbedingt bestellen sollte. Hier verbinden sich Gin, Sake und Rhabarber unter einer Schaumkrone zu einem echten Crowd Pleaser. Der „Go Apes“ räumt dagegen mit dem Image langweiliger High Balls (Rum, geklärte Banane, Kaffeedestillat, Soda) ordentlich auf. Eigentlich könnte man jeden Drink empfehlen. Wirklich überrascht hat uns auch Damiens „Gimlet“, der den Klassiker mit seinem Mezcal- und Maracuja-Aroma plötzlich wie einen Newcomer erscheinen lässt. Dazu passt, dass das Wax On vom Mixology-Magazin zur „Neuen Bar des Jahres 2023“ gekürt wurde. Es dürfte nicht die letzte Auszeichnung gewesen sein.
Let’s stay in Neukölln for a while. And somehow also in the Truffle Pig. Because that’s where the team Wax On once met each other. We’re talking about bar owner Sam Orrock and his „partner-in-crime“ Damien Guichard, who is now bar manager of Wax On on the lively Weserstraße. And although it hasn’t been open that long, the bar, which is furnished to our taste, has already created a lot of buzz extending far beyond Berlin. This is on the one hand certainly due to Sam’s and Damien’s good networking, who are regularly invited to do guest shifts in other top bars. And on the other hand, it’s due to the relaxed concept of Wax On, which attracts cocktail lovers from all over the world as well as from its neighborhood Kiez in equal measure. Here, locals drink alongside Berlin visitors and cocktail newcomers get to talk to mixology fans or other bar people – because they also like to go to Wax On on their days off. It is particularly easy to make contact at the bar, which functions as an eye-catcher with its simple concrete look. From a bartender’s point of view, however, it is probably much more important that the bar station is at the same height as the bar. The bar menu, developed largely by Damien, picks up on classics and sometimes reinterprets them. A good example of this is the vegan „House Sour,“ which you should definitely give a try. Here, gin, sake and rhubarb combine under a crown of foam to create a real crowd pleaser. The „Go Apes,“ on the other hand, does away with the image of boring highballs (rum, clarified banana, coffee distillate, soda). Actually, any drink can be recommended. We were also really surprised by Damien’s „Gimlet,“ which suddenly makes the classic seem like a newcomer with its mezcal and passion fruit flavor. It’s fitting that Wax On was named „New Bar of the Year 2023“ by Mixology magazine. It is not going to be its last award.
Fabelei (Schöneberg)
Nun zieht es uns aber in den Westen. Mitten in Schöneberg öffnet seit Anfang 2019 die Fabelei Bar ihre Türen. Das haben längst auch Cocktail-Liebhaber außerhalb des Kiezes mitbekommen und sogar weit über die Stadtgrenzen Berlins hinaus. Denn in der Tat muss sich die vergleichsweise „junge“ Bar vor den Alteingesessenen in keiner Weise verstecken. Das Team um Bar-Managerin Anastasia Schöck und Head Bartender Filip Bochenski haben hier eine echte Wohlfühloase erschaffen, die alle Qualitäten einer echten Lieblingsbar auf sich vereint. Bei schönem Wetter kann man hier auch wunderbar draußen sitzen und gerne schon am Nachmittag einen ersten Drink genießen. Den Trend zu Aperitivo-Bars haben Alina und Filip früh erkannt und daraus ihr ganz eigenes Ding gemacht. Hierzu gehört neben den richtigen Drinks wie der „House Negroni“ oder der erfrischende „Chinotto“ auch die helle, freundliche Atmosphäre ihrer Bar. Beides zusammen lässt die Aperitivo-Kultur in Schöneberg täglich neu aufleben. Die mit sehr viel Liebe zum Detail entworfene Barkarte zeigt die ganze Bandbreite moderner Mixology-Kunst. Neben besagten Aperitivo-Drinks und den dazu passenden Snacks finden sich auch mehrere nicht-alkoholische und „Low ABV“-Drinks auf der Karte – zum Beispiel eine Variante mit Sencha-Tee. Wer einmal etwas tiefer in die Cocktail-Geschichte eintauchen möchte, sollte unbedingt am „Classic Tuesday“ vorbeischauen. Hier featured Filip Woche für Woche einen anderen Klassiker. Die Aufteilung der Räumlichkeiten ist so geschickt gewählt, dass man sich eigentlich in zwei unterschiedlichen Bars fühlt. Während man direkt an der Bar die fast schon mediterrane Atmosphäre genießen kann – bis in die frühen Abendstunden wird der Raum mit Licht durchflutet – stellt sich weiter hinten eher ein entspanntes Salon-/Speakeasy-Gefühl ein. Beides hat seine Berechtigung – genauso wie die Fabelei Bar als Ganzes. Auch wenn man es nicht glauben mag, aber exakt ein solcher Ort für Daydrinking und authentische Cocktail-Kultur hat Berlin lange gefehlt.
But now we are drawn to the West. In the middle of Schöneberg, the Fabelei Bar has opened its doors in the beginning of 2019. This has long been noticed by cocktail lovers outside the neighborhood and even far beyond Berlin’s city limits. Because in fact, the comparatively young bar does not have to hide from the long-established in any way. The team around bar manager Anastasia Schöck and head bartender Filip Bochenski have created a real oasis of well-being that combines all the qualities of a real favorite bar. Weather permitting you can also sit outside and enjoy your first drink in the afternoon. Alina and Filip recognized the trend towards aperitivo bars early on and made their very own thing out of it. This includes not only the right drinks like the „House Negroni“ or the refreshing „Chinotto“ but also the bright, friendly atmosphere of their bar. Both together revive the aperitivo culture in Schöneberg every day. The bar menu, designed with great attention to detail, shows the whole range of modern mixology art. In addition to said aperitivo drinks and matching snacks, there are also several non-alcoholic and „low ABV“ drinks on the menu – for example, a variant with Sencha tea. If you want to delve a little deeper into the history of cocktails, you should definitely stop by on „Classic Tuesday.“ Here Filip features a different classic every week. The layout of the space is so cleverly chosen that it actually feels like being in two different bars. While you can enjoy the almost Mediterranean atmosphere directly at the bar – the room is flooded with light until the early evening hours – a more relaxed salon/speakeasy feeling sets in further back. Both have their justification – as does the Fabelei Bar as a whole. Even if you don’t believe it, but exactly such a place for daydrinking and authentic cocktail culture has been missing in Berlin for a long time.
Hildegard Bar (Charlottenburg)
Es gibt Abende in Bars, die man niemals vergisst. Für uns gehört ab sofort auch jener Abend in der Hildegard Bar dazu. Mitten im „alten“ Westen der Stadt in Sichtweite von Kudamm und KaDeWe liegt das als Bar getarnte Wohnzimmer von Thomas Pflanz. Denn sobald man hier eintritt, fühlt man sich, als wäre zuhause bei einem Freund eingeladen. Es überrascht uns nicht, dass Thomas schon mehrfach als “Gastgeber des Jahres“ ausgezeichnet wurde. Thomas lebt hier seine Passion. Überhaupt ist er ein Berliner Original, das auf 40 Jahre hinter dem Tresen zurückblicken kann. Legendäre Stationen wie die Lützow Bar oder die Victoria Bar hat er mit seiner Leidenschaft als Bartender, Gastgeber und vor allem als Mensch über viele Jahre geprägt. Vor sechs Jahren eröffnete er dann mit der Hildegard Bar seine erste eigene Bar. Tatsächlich fühlt sich dieser Ort, an dem noch geraucht werden darf, aber viel älter an. Jede Ecke atmet echte Berliner (Bar-)Geschichte. Das liegt neben Details wie der alten Jukebox und der Tapete aus den 1960ern vor allem an Thomas selbst. Was jetzt vielleicht nach einer unhöflichen Anspielung auf sein Alter klingt, ist in Wahrheit ein Kompliment, das von Herzen kommt. Thomas‘ Lieblingsplatz ist direkt an der Bar hinter dem Plattenspieler, wo er Musik aus über fünf Jahrzehnten auflegt und seinen Gästen dabei herrliche Anekdoten aus seinem bewegten Musiker- und Bartender-Leben zum Besten gibt. Bars mögen eine große Leidenschaft von ihm sein, die größte ist aber die Musik. Die Hildegard Bar ist ein eigener Kosmos, in dem die einzelnen Teile ein wahnsinnig schönes Puzzle ergeben. Wunderbare Drinks wie der samtige „Earl of Hildegard“ (aus Earl Grey Gin, Triple Sec, Zitrone und einer beeindruckenden Eiweißschaumkrone) oder der „Negroni Celentano“ (ein Negroni auf Rum-Basis) sind nur ein Teil des Ganzen. Ohne Thomas wäre es eine Bar, zu der man gerne immer mal wieder zurückkehrt. So ist es aber ein Ort, den man am liebsten nie mehr verlassen möchte.
There are evenings in bars that you never forget. For us, from now on, that evening in the Hildegard Bar is one of them. In the middle of the „old“ west of the city, within sight of Ku’damm and KaDeWe, lies the living room of Thomas Pflanz disguised as a bar. Because as soon as you enter, you feel like you’ve been invited to a friend’s home. It’s no surprise to us that Thomas has been named „Host of the Year“ several times. Thomas lives his passion here. In general, he is a Berlin original who can look back on 40 years behind the bar. Legendary venues such as the Lützow Bar and the Victoria Bar have been shaped for many years by his passion for bartending, for being a host and, above all, by him as a person. Then, six years ago, he opened his first own – the Hildegard Bar. In fact, however, this place, where smoking is still permitted, feels much older. Every corner oozes real Berlin (bar) history. Apart from details like the old jukebox and the wallpaper from the 1960s, this is mainly due to Thomas himself. What may sound like a rude reference to his age now is actually a compliment that comes from the heart. Thomas‘ favorite place is right at the bar behind the record player, where he plays music from more than five decades and tells his guests wonderful anecdotes from his eventful life as a musician and bartender. Bars may be a great passion of his, but the greatest is music. The Hildegard Bar is a cosmos of its own, in which the individual pieces form an insanely beautiful puzzle. Wonderful drinks like the velvety „Earl of Hildegard“ (made with Earl Grey Gin, Triple Sec, lemon and an impressive egg white foam crown) or the „Negroni Celentano“ (a rum-based Negroni) are just one part of the whole. Without Thomas, it would be a bar you’d be happy to return to again and again. But as it is, it’s a place you’d prefer never to leave.
Mr. Susan (Mitte)
Wenn es jemals einen Beweis dafür gebraucht hätte, dass eine gute Bar nicht nur aus guten Drinks besteht, dann liefert Mr. Susan den Beweis. Denn ohne das kongeniale Team aus Besitzerin Susan Choi, die viele Berliner schon von ihren Food-Pop-ups kennen dürften, und Bar-Manager Robbert De Wildt wäre der Besuch nur halb so unterhaltsam. Beide lieben und leben ihren Job, was man bereits merkt, wenn man die Stufen in die helle, ganz untypisch designte Bar mit ihrem Terrazzo-Tresen hinabsteigt. Während draußen rund um den Monbijou-Park und die Oranienburger Straße noch das quirlige Großstadtleben tobt, fühlt man sich bei Mr. Susan plötzlich wie am Santa Monica Beach. Das ist kein Zufall, denn Susan hat lange in Kalifornien gelebt und genau diesen entspannten Lifestyle transportiert sie in ihre kleine Berliner Bar. Hier soll von der ersten Minute an der Spaß im Vordergrund stehen, ohne dass Gäste bei der Qualität der Drinks jedoch Abstriche machen müssten. Das Cocktail-Menü ist unterteilt in einen Bereich mit „Mr. Susan Classics“, zu dem der „Kimchi Margarita“ mit Kimchi-Saft aus eigener Herstellung und der „Kimchi Michelada“ gehören. Letzterer wird auch in Kaliforniern sehr gerne getrunken. Bei Mr. Susan wird er mit einem Kimchi-Eis-am-Stiel serviert – ein „Perfect Match“. Neben den House-Classics tüfteln Susan und Robbert auch immer an neuen Drinks. Von der aktuellen Sommerkarte probierten wir neben dem angenehm rauchigen „Smoked Bell Pepper“ auch den vor allem bei den weiblichen Gästen beliebten „Golden Rose“. Der Cocktail ist dank seines Eiswürfels in Rosenform schon optisch ein absoluter Eyecatcher. Als Basisspirituose wird hier der in Korea destillierte Reiswein Soju eingesetzt. Auch das passt zum kosmopolitischen Konzept von Mr. Susan. Richtig geflasht waren wir vom nussigen, nach Vanille duftenden Aroma des „Pandan Spritz“. Warum kam noch niemand zuvor auf die Idee, das asiatische Pandan für einen leichten Sommer-Cocktail zu nutzen? Schon dafür würden wir am liebsten morgen ins Mr. Susan zurückkehren. Und auch dann würde uns Susan wieder mit ihrer guten Laune und offenen Armen empfangen. Das Gastgebersein ist ihr Lebenselixier.
If ever there was a need for proof that a good bar consists of more than just good drinks, Mr. Susan provides said proof. Because without the congenial team of owner Susan Choi, who many Berliners may already know from her food pop-ups, and bar manager Robbert De Wildt, the visit would only be half as entertaining. Both love and live their job, which is obvious upon descending the steps into the bright, uncharacteristically designed bar with its terrazzo counter. While the bustling city life is still going on outside around Monbijou Park and Oranienburger Strasse, you suddenly feel like you’re on Santa Monica Beach at Mr. Susan’s place. That’s no coincidence, because Susan lived in California for a long time and it’s exactly this relaxed lifestyle that she transports to her little Berlin bar. Here, the focus is on fun from the very first minute, but without guests having to compromise on the quality of the drinks. The cocktail menu is divided into a section with „Mr. Susan Classics,“ which includes the „Kimchi Margarita“ with homemade kimchi juice and the „Kimchi Michelada.“ The latter is also a favorite in Californians. At Mr. Susan’s, it’s served with a kimchi popsicle. In addition to the house classics, Susan and Robbert are always experimenting with new drinks. From the summer menu, we tried the smoky „Smoked Bell Pepper“ as well as the „Golden Rose.“ Thanks to its rose-shaped ice cube, the cocktail is an absolute eye-catcher. The base spirit used here is Soju, a rice wine distilled in Korea. This also fits in with the cosmopolitan concept of Mr. Susan. We were really flashed by the nutty, vanilla-scented aroma of the „Pandan Spritz“. Why has no one before come up with the idea of using Asian pandan for a light summer cocktail? For that alone, we would love to return to Mr. Susan tomorrow. And even then Susan would welcome us again with her good mood and open arms. Being a host is her lifeblood.
Goldfisch Bar (Friedrichshain)
Dass ausgerechnet im Szeneviertel Friedrichshain das Angebot an wirklich guten Bars eher übersichtlich erscheint, mag zunächst überraschen. Vieles ist hier nämlich auf die bekannten Happy-Hour-Deals oder gefällige Spritz-Drinks ausgerichtet. Umso glücklicher sind wir, dass es die Goldfisch Bar gibt. Von außen eher unscheinbar (ok, es gibt tatsächlich einen Goldfisch im Fenster) kann man aber schon nach dem Öffnen der Eingangstür in eine andere Welt eintauchen und das eher laute Friedrichshain hinter sich zurücklassen. Die mit sparsamer Beleuchtung kreierte Wohlfühl-Atmosphäre des Goldfisch gefiel uns auf Anhieb. Rustikale Backsteinwände und ein die Blicke magnetisch anziehender Fotoprint mit drei japanischen Geishas machen diesen Ort ziemlich unverwechselbar. Der lange Tresen und die Bar mit ihrer verspiegelten Rückwand sowie der umfangreichen Spirituosenauswahl sind dann aber das Herzstück dieser Bar, die mit Kai Wolschke einen wunderbar unaufgeregten Bar-Manager hat, der Berlins Cocktail-Kultur in den vergangenen Jahren maßgeblich mitgeprägt hat. Manch einer wird ihn noch aus der Booze Bar kennen. Wer mehr über Kai erfahren möchte, dem empfehlen wir das spannende Porträt des Mixology-Magazins. Wirft man einen Blick in die Karte, so bestätigt sich der Eindruck, dass hier ausschließlich erstklassige Drinks aus Premium-Spirituosen gemixt werden. Die von Kai entwickelten Drinks, von denen manche wie der „Goldfisch Mule“ als Klassiker-Twist starteten und inzwischen selbst Berliner Klassiker sind, spielen im Gegensatz zur Hertha tatsächlich in der Champions League. Der perfekt zwischen Säure und Süße ausbalancierte „Cheesecake Margarita“ (bestehend aus Cheese Tequila, Pfirsich, Vanille, Limette und Zitrone) ist ein weiterer Goldfisch-Signature-Drink, der eigentlich niemals von der Karte verschwinden dürfte. Wer dagegen lieber einen „boozy“ Drink bevorzugt, sollte bei Kai den „Sugitez“ bestellen. Für den werden Stork Rye Korn, Sugi Barrel Sake und PX Sherry miteinander verrührt und dann auf Eis im Tumbler serviert. Wie sehr wir diese Bar lieben, lässt sich am besten mit einem abgewandelten Loriot-Zitat ausdrücken: Berlin ohne den Goldfisch ist möglich aber sinnlos.
It may initially come as a surprise that there is a comparative dearth of exceptional bars in the trendy district of Friedrichshain, of all places. After all, a lot here is geared towards happy hour deals or pleasing spritz drinks. So, we are all the happier that there’s the Goldfisch Bar. Rather inconspicuous from the outside (ok, there’s literally a goldfish in the window), but as soon as you open the front door you can dive into another world and leave the rather noisy Friedrichshain behind. We liked the Goldfisch’s feel-good atmosphere, created with sparse lighting, right away. Rustic brick walls and a photo print of three Japanese geishas that magnetically attracts the eye make this place stand out. But the long bar and the bar with its mirrored back wall and extensive selection of spirits are the heart of this bar, whose wonderfully relaxed bar manager Kai Wolschke has played a major role in shaping Berlin’s cocktail culture in recent years. Some will still know him from the Booze Bar. If you want to know more about Kai, we recommend the exciting portrait in Mixology magazine. A glance at the menu confirms the impression that only first-class drinks made from premium spirits are mixed here. The drinks developed by Kai, some of which, like the „Goldfish Mule,“ started out as classics with a twist and have since become Berlin classics in their own right and actually play in the Champions League, unlike Hertha. Perfectly balanced between acidity and sweetness, the „Cheesecake Margarita“ (consisting of cheese tequila, peach, vanilla, lime and lemon) is another Goldfish signature drink that should never actually disappear from the menu. On the other hand, those who prefer a „boozy“ drink should order the „Sugitez“ from Kai. For this one, Stork Rye Korn, Sugi Barrel Sake and PX Sherry are mixed together and then served on ice in a tumbler. The best way to express how much we love this bar is with a modified quote by Loriot: Berlin without the goldfish is possible but pointless.
Bar Neiro (Mitte)
Von Japan aus begann einst der weltweite Siegeszug der Listening Bars. Es waren In Sheep’s Clothing aus Los Angeles, die diese besondere Nische der Barkultur auch im Westen so richtig bekannt machten. Das Konzept des entspannten Trinkens in einem geschützten Klangraum ist jetzt auch in Berlin angekommen – genauer in der Bar Neiro auf dem Gelände des legendären KitKat-Clubs. Seit April ist dieser Ort das Zuhause von Bar-Manager Jeffrey Berraoui, den wir noch aus dem „Truffle Pig“ kannten. Die Bar Neiro orientiert sich an den japanischen „Jazz Kissa“ (Jazz-Cafés). Das Motto lautet hier dann folgerichtig „Pause and Listen“. Man kann sich ganz entspannt mit seinem Sitznachbarn unterhalten (wenn man es denn möchte). Selbstredend ist die Bar Neiro mit einem erstklassigen HiFi-Soundsystem bestückt und natürlich werden hier ausschließlich Vinyl-Platten abgespielt. Entsprechend perfekt ist der Klang. Je nach Wochentag kann sich die Art der Musik unterscheiden, wobei es keine festen Regeln gibt. Bei unserem Besuch an einem Sonntagabend wurde hauptsächlich elektronische Musik gespielt. Die Idee zu diesem Barkonzept hatte Tontechniker Erik Breuer, der mit seinen „Brewery Studios“ an der gleichen Adresse zu finden ist. Als die Räumlichkeiten frei wurden, ergriff er die Chance, dort eine Listening Bar einzurichten. In der Bar Neiro verbindet sich seitdem ein erstklassiger Sound mit einer sehr angenehmen Wohnzimmer-Atmosphäre und japanisch inspirierten Cocktails aus Premium-Spirituosen. Letzteres ist ebenfalls eine Hommage an die dortige Barkultur, wie Jeff zu berichten weiß. Der „Kappa’s Cure“ spielt mit dem klassischen Margarita, der „Highball #1“ ist ein leichter Drink auf der Basis von japanischem Whisky, Jasmin und Kokosnuss. Auf der Barkarte finden sich außerdem eine Auswahl an Weinen, Sake und japanischen Bieren. Ein Abend in der Bar Neiro kommt einem Wellness-Trip für alle Sinne schon sehr nahe.
The worldwide triumph of listening bars originated in Japan. It was „In Sheep’s Clothing“ in Los Angeles that really made this special niche of bar culture known in the West. The concept of relaxed drinking in a protected sound space has now also arrived on the premises of the legendary KitKat club. Since April, Bar Neiro has been the home of Jeffrey Berraoui, whom we still knew from the Truffle Pig. First of all, we can give the all-clear. Bar Neiro is inspired by Japanese listening „Jazz kissa“ (Jazz cafés) and the motto is consequently „Pause and Listen“. Still you can have a relaxed conversation with the person sitting next to you (if you want to). Naturally, Bar Neiro is equipped with a first-class hi-fi sound system, and of course only vinyl records are played here. The sound is accordingly perfect. Depending on the day of the week, the type of music can differ, although there are no fixed rules. During our visit on a Sunday evening, mainly electronic music was played. The idea for this bar concept came from sound engineer Erik Breuer, who can be found at the same address with his „Brewery Studios“. When the premises became available, he seized the opportunity to set up a listening bar there. Since then, Bar Neiro has combined first-class sound with a very pleasant living room atmosphere and Japanese-inspired cocktails made from premium spirits. The latter is also a tribute to the bar culture there, as Jeff reports. The „Kappa’s Cure“ plays with the classic margarita, while the „Highball #1“ is a light drink based on Japanese whisky, jasmine and coconut. The bar menu also features a selection of wines, sake and Japanese beers. An evening at Bar Neiro comes very close to a wellness trip for all senses.
Velvet (Neukölln)
Mit einem Besuch im Velvet schließt sich nun der Kreis. Denn dafür kehren wir noch einmal nach Neukölln zurück. Hier wird Cocktail-Kunst zelebriert, doch ganz anders als man das vielleicht vermuten könnte. Denn das mit der Kunst bezieht sich nicht auf eine besonders elaborierte Präsentation der Drinks – diese fällt in der Tat recht schlicht aus – sondern auf deren Entwicklung und Herstellung. Seit 2017 steht das Velvet unter der Leitung von Head Bartender Ruben Neideck für einen radikal saisonalen und regionalen Ansatz. So bleiben die nach ihrer Hauptzutat benannten Cocktails meist nur einige Wochen auf der Karte. Dafür experimentiert das Team jeden Dienstag (dem sogenannten „Lab Day“) mit neuen Ingredienzien und Verfahren, die man ansonsten nur aus der Küche oder dem Labor kennt. In der Spargelsaison kann das Spargel sein, in der Pilzsaison sind es in den Wäldern rund um Berlin eigenhändig gesammelte Pilze. Manche Zutaten bringt das Team auch aus dem eigenen Garten oder von einem Ausflug ins Berliner Umland mit. Wandel ist im Velvet zumindest bei den Drinks die einzige Konstante. Bei unserem Besuch fanden sich Drinks mit weißem Flieder, Kerbel, Rhabarber und Japanknöterich, was für viele doch eher ein Unkraut ist, auf der Karte. Und besagter Drink auf der Basis von weißem Spargel, bei dem selbst hergestellter Spargellikör zusammen mit Gin, Zitronensäure, Mezcal, Mandel und Jasmin einen überraschend leichten und erfrischenden Cocktail ergab. Auch der Cocktail auf der Basis von destilliertem Wermutkraut konnte geschmacklich absolut überzeugen. Zusammen mit Sake, trockenem Wermut, Verjus und Bergamottenöl entwickelte Bartender Inan eine leichte, sommerliche Sour-Variante. Das Interieur des Velvet kommt mit wenig aus. Ein Tresen aus dunklem Holz, gemütliche Barstühle, dunkelgraue Wände und ein stimmiges Lichtkonzept – das war es eigentlich schon. Bis zum Sonnenuntergang erhellt das durch die Rückseite der Bar einströmende Tageslicht den kleinen Raum, der das einzigartige Velvet-Konzept auf den Punkt bringt. Auszeichnungen wie die zur „Bar des Jahres“ sammeln Ruben und seine Kollegen auch deshalb vollkommen zu Recht. Hier wird Nachhaltigkeit gelebt und nicht bloß als Marketing-Buzzword verstanden. So ehrlich wie Neukölln.
With a visit to Velvet, we have now come full circle. Because for this we return once again to Neukölln. Here, cocktail art is celebrated, but in a completely different way than one might expect. Because art does not refer to a particularly elaborate presentation of the drinks – this is in fact quite simple – but to their development and production. Since 2017, Velvet, under the direction of Head Bartender Ruben Neideck, has stood for a radically seasonal and regional approach. As a result, the cocktails named after their main ingredient usually only stay on the menu for a few weeks. To make up for this, every Tuesday (known as „Lab Day“) the team experiments with new ingredients and processes that are otherwise only known from the kitchen or lab. During asparagus season, this can be asparagus; during mushroom season, it is mushrooms collected by the team itself in the forests around Berlin. The team also brings back some ingredients from their own garden or from a trip to the Berlin countryside. Change is the only constant at Velvet, at least when it comes to drinks. When we visited, the menu included drinks with white lilac, chervil, rhubarb and Japanese knotweed, which many people consider a weed. And said drink based on white asparagus, where homemade asparagus liqueur together with gin, citric acid, mezcal, almond and jasmine made a surprisingly light and refreshing cocktail. The cocktail based on distilled wormwood was also absolutely convincing in terms of taste. Together with sake, dry vermouth, verjus and bergamot oil, Bartender Inan developed a light, summery sour variation. The Velvet’s interior makes do with little: A dark wood bar counter, comfortable bar chairs, dark gray walls and a coherent lighting concept – that’s pretty much it. Until sunset, daylight streaming in through the back of the bar illuminates the small space, which gets to the heart of Velvet’s unique concept. Awards such as „Bar of the Year“ are collected by Ruben and his colleagues for this reason, too, and quite rightly so. Here, sustainability is lived and not just understood as a marketing buzzword. As honest as Neukölln.
Fortsetzung folgt // To be continued…